Obdachlosigkeit und Wohnverhältnisse in den "Sammelwohnungen"

Oft wurden den Familien Wohnungen zugeteilt, welche bereits vergeben waren und sie wurden kurz nach einer Zuweisung erneut gezwungen, diese Wohnungen wieder zu verlassen. Diese Aktionen geschahen oft sehr kurzfristig, was zu vorübergehender Obdachlosigkeit führte. So auch bei Jessy Winkler bzw. Judith Hübner. Auf die Hilfe ihrer Nachbarn konnte sie und ihre Familie leider nicht mehr zählen:

„[...], so sind wir mit unseren Möbeln über Nacht [...] auf der Straße gestanden, in der Rittergasse, mit all unserem Kram. [...] In erster Linie war es kalt. [...] Aber das Schlimmste war die Erniedrigung. [...]” [1].

In den Sammelwohnungen herrschte maßlose Überfüllung. Es gab kaum Koch- oder Heizgelegenheiten, die sanitären Bedingungen waren prekär. Die Lage der Jüdinnen und Juden in den Sammelstätten spitzte sich weiter zu. Besonders das Verbot von Badezimmern in den Sammelwohnungen ab 1941, veranlasst durch Anton Brunner, verschlechterte die Situation der jüdischen Bevölkerung weiter. Durch die schlechten hygienischen Zustände kam es zu vermehrtem Auftreten von Krankheiten in den Sammelwohnungen. Susanne Metschl (Novaragasse 32, 1020 Wien) beschrieb es wie folgt:

„[...] Ich habe durch die Türen oft gehört - da waren welche, die sind gestorben, die haben geröchelt in der Nacht. [...] Man hat keinen Arzt rufen können. [...] Die haben auch um 8 Uhr am Abend nicht mehr die Straße betreten dürfen. [...]“.[2]

Pass von Jessy Winkler

Quellen: 

[1] Zit. n. Aus: Michaela Raggam-Blesch, „Sammelwohnungen“ für Jüdinnen und Juden als Zwischenstation vor der Deportation, Wien 1938 - 1942. In: DÖW (Hg.), Jahrbuch 2018: Forschungen zu Vertreibung und Holocaust (Wien 2018) bzw. M. RAGGAM-BLESCH, 2018. S. 85 f..

[2] Michaela Raggam-Blesch, „Sammelwohnungen” für Jüdinnen und Juden als Zwischenstation vor der Deportation, Wien 1938 - 1942. In: DÖW (Hg.), Jahrbuch 2018: Forschungen zu Vertreibung und Holocaust (Wien 2018) bzw. [1] M. RAGGAM-BLESCH, 2018. S. 94.