Der "Weg des Todes" (2017)

Der Architekt Leonid Levin war bereits für die Gestaltung mehrerer Denkmäler verantwortlich gewesen, als er im März 2013 seinen Entwurf für eine künftige Gedenkstätte in Maly Trascjanec bei Minsk mit dem Titel „Der Weg des Todes“ vorstellte.1 Levins Ziel war es, mit dem Denkmal eine Holocaustgedenkstätte in Maly Trascjanec zu errichten2, denn Jüdinnen und Juden als größte Opfergruppe in Maly Trascjanec waren in der sowjetischen Erinnerungskultur lange Zeit nicht präsent.3  

Das Konzept der Gedenkstätte, Der Weg des Todes, von Büchel.PNG

Das Konzept der Gedenkstätte "Der Weg des Todes"

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Waggonwände auf dem "Weg des Todes"

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Die Koffer, die kurz nach der Eröffnung abgebaut wurden

Der "Weg des Todes" ist das Resultat einer Kooperation des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks (IBB) Dortmund, des IBB Minsk, der Geschichtswerkstatt Minsk und zivilen Initiativen aus Belarus und Österreich.4 Im Waldstück Blahaǔščyna wurden ab Mai 1942 Jüdinnen und Juden aus dem Ghetto in Minsk, Partisanenkämpfer, Insass:innen aus den Minsker Haftstätten und Jüdinnen und Juden aus dem Deutschen Reich ermordet.5

Zum Konzept der Gedenkstätte gehört es, Besucher:innen den Weg der deportierten Jüdinnen und Juden aus Europa von der Ankunft mit dem Zug bis zu ihrer Erschießung im Wald Blahaǔščyna zu zeigen. Auf diese Weise wollte Levin eine emotionale und individuelle Auseinandersetzung der Besucher:innen mit dem Schicksal der Opfer erreichen.6 Levin plante in seinem Entwurf einen 500 Meter langen Weg, auf dem Besucher:innen durch nachgebaute Waggonwände über den „Platz des Lebens“ über den „Platz des Paradoxons“ bis hin zum „Platz des Todes“ geführt werden sollten.7

Im August 2017 begannen die Bauarbeiten an der Anlage, die in weniger als einem Jahr abgeschlossen wurden. Bei der offiziellen Fertigstellung fehlten jedoch wesentliche Elemente, die von Levin eigentlich geplant worden waren: Eine Kofferskulptur, die das persönliche Eigentum der Deportierten symbolisieren sollte, wurde direkt nach der Einweihung wieder abgebaut; die Namen der jüdischen Opfer, die nach dem Konzept  von Levin auf den Waggonwänden zu sehen sein sollten, wurden nicht eingearbeitet. Sitzbänke, die entlang des Weges aufgestellt wurden und die Sitzbänke innerhalb der Züge symbolisieren sollten, blieben ohne Erläuterung. Auch eine vorgesehene Komposition aus auf dem Kopf stehenden Objekten, wie einem Haus oder einem Baum, wurde nicht umgesetzt.8 Der belarusische Historiker Dr. Aliaxandr Dalhouski wertet die Genehmigung der Gedenkstätte „Der Weg des Todes“ durch die Stadt Minsk dennoch als klaren Erfolg für die internationalen Akteur:innen in ihren Bemühungen um die Etablierung einer Erinnerungskultur um Maly Trascjanec.9

                                                                  

1 Vgl. vom Büchel, IBB startet Initiative.

2 Vgl. Novikau/von Saal, Gebremstes Gedenken, S. 403.

3 Vgl. Dalhouski, Zur Transformation des sowjetischen Gedenkortes, S. 124.

4 Vgl. Novikau/von Saal, Gebremstes Gedenken, S. 403.

5 Vgl. IBB Dortmund/IBB Minsk, Vernichtunsgsort Malyj Trostenez, S. 109.

6 Vgl. Rentrop-Koch, Landgut als Vernichtungsstätte, S. 162.

7 Vgl. vom Büchel, IBB startet Initiative.

8 Vgl. Novikau/von Saal, Gebremstes Gedenken, S. 404f.

9 Vgl. Dalhouski, Zur Transformation des sowjetischen Gedenkortes, S. 126.